Charlotte Kroll

Foto von Charlotte Kroll
Charlotte Kroll in Berlin, 2007

Charlotte Kroll, geborene Görner, wurde 1922 in Freital/Sachsen geboren. Anfang der vierziger Jahre arbeitete die junge Mutter einer zweijährigen Tochter in einer Munitionsfabrik, in der auch russische Frauen Zwangsarbeit leisten mussten. Ohne sich eines Verbotes bewusst zu sein, gab Charlotte Kroll einer schwangeren Zwangsarbeiterin Kindersachen.

Einen Tag später wurde sie ohne Angabe eines Grundes verhaftet und ins Gefängnis nach Dresden verbracht. Dort war sie ohne Gerichtsverhandlung, geschweige denn Gerichtsurteil, ab März 1942 inhaftiert. Charlotte Krolls Ehemann diente zu diesem Zeitpunkt bei der Wehrmacht, und sie wusste nicht, wer nun das Sorgerecht für ihre Tochter hatte.

Aus dem Gefängnis in Dresden im März 1943 dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt, wurde sie der Häftlingskategorie "Politische" zugeordnet und erhielt den roten Winkel.

Über den ersten Eindruck beim Betreten des Lagers berichtete Charlotte Kroll dem Alternativen Jugendzentrum Dessau in einem Interview im November 2007:

"Ich komme in das Tor rein: Da waren nur Gestalten, nur Gerippe, keine Haare auf dem Kopf! Ich wusste gar nichts, dachte, was ist denn hier los?"

Wenige Stunden später waren auch ihre Haare geschoren. Die Häftlingskleidung, die sie am Tag der Einlieferung erhielt (eine Hose, Pantoffeln, ein Hemd und ein Kleid), trug sie bis zum letzten Tag ohne die Möglichkeit, die Sachen zu waschen. Sie musste in den Siemenswerken, die 1942 in unmittelbarer Nachbarschaft des Konzentrationslagers Ravensbrück eine Produktionsanlage errichtet hatten, Zwangsarbeit leisten. Nach einem Jahr wurde Charlotte Kroll im März 1944 mit der Auflage, über ihre Haftzeit zu schweigen und sich zu Hause bei der Polizei zu melden, entlassen.

Sie fand ihre Wohnung versiegelt, ging zur Mutter, die die ausgemergelte Gestalt vor ihrer Tür fast nicht erkannte. Froh darüber, dass zumindest ihre kleine Tochter nicht der Familie entrissen worden war, gelang es Charlotte Kroll relativ schnell, das Sorgerecht und die Wohnung zurückzubekommen. In der ersten Zeit war sie zu schwach, um zu arbeiten und sammelte zunächst neue Kräfte, bevor sie nach Dresden zog und als Briefträgerin tätig war.

In Dresden erlebte sie die Bombardierungen und verlor alles, bis auf das, was sie auf dem Leib trug. Sie ging nach Freital zurück und erlebte dort das Kriegsende.

Erst nach der Befreiung konnte Charlotte Kroll den Grund für Ihre Verhaftung und Inhaftierung in Erfahrung bringen: die Unterstützung der schwangeren russischen Zwangsarbeiterin.

1950, inzwischen Mutter einer weiteren Tochter, verließ sie die DDR und zog zunächst nach Hamburg. Seit mehreren Jahrzehnten lebt sie in Berlin.

Im Frühjahr 2003 begegnete Charlotte Kroll der Ravensbrück-überlebenden Ilse Heinrich. Dies war der Grundstein für eine enge Freundschaft. Regelmäßig führen beide Zeitzeuginnen zusammen Gespräche mit Jugendgruppen in der Gedenkstätte Ravensbrück und anderen Orten.

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