Doris Grozdanovičová
Doris Grozdanovičová im Ghetto Theresienstadt | Doris Grozdanovičová in Bernburg, 2008 |
Doris Grozdanovičová, Mädchenname Schimmerlingova, wurde 1926 in Iglau (tschechisch Jihlava) geboren und wuchs mit ihren Eltern und einem älterem Bruder in Brünn (tschechisch Brno) auf. Auf der Grundlage des "Münchner Abkommens" bildeten die deutschen Besatzer Mitte März 1939 das "Protektorat Böhmen und Mähren", was für die jüdische Familie Schimmerling schrittweise tragische Veränderungen mit sich brachte.
Doris Grozdanovičová musste die tschechische Schule verlassen, konnte noch ein halbes Jahr im jüdischen Gymnasium lernen, bevor auch das verboten war. Die Familie musste ihre Wohnung verlassen und in einen primitiv ausgestatten Stadtteil ziehen. Am meisten schmerzte das Mädchen der Verlust der geliebten Katze.
Ende Januar 1942, im Alter von 15 Jahren, wurden Doris Grozdanovičová, ihre Eltern und ihr Bruder mit einem der ersten Transporte in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. Kurz darauf folgte auch die Großmutter, die nach vierzehn Tagen unter den Lebensbedingungen im Ghetto verstarb. Später kam auch ihre Mutter in Theresienstadt ums Leben.
Doris Grozdanovičová musste in Theresienstadt in der Landwirtschaft arbeiten. Bis heute sind Schafe, die sie dort für die SS zu hüten hatte, Symbol ihres Überlebens. Neben dem Hunger, den miserablen hygienischen Bedingungen, der Enge und dem Verlust geliebter Menschen, war die ständig drohende Deportation "nach dem Osten" das Schlimmste. Zunächst waren die Ziele dieser Deportationen Izbica, Minsk, Sobibór, Majdanek und Treblinka. Ab Oktober 1942 hieß das Ziel Auschwitz-Birkenau.
Ende Oktober 1944 mussten auch der Vater und Bruder von Doris Grozdanovičová sich in den Transport nach Auschwitz einreihen. Es war die letzte Deportation aus Theresienstadt. Obwohl ihr Vater bereits für den vorherigen Transport vorgesehen war, gelang es dem jungen Mädchen, einen SS-Mann zu überreden, ihren Vater zunächst noch in Theresienstadt zu belassen.
Als 19-Jährige wurde Doris Grozdanovičová im Mai 1945 von der Roten Armee befreit. Im Juni 1945 traf sie ihren Bruder wieder, der Auschwitz überlebt hatte. Der Vater war in Auschwitz-Birkenau ermordet worden. Die Geschwister lebten zunächst wieder in Brno. Nach dem Studium ging Doris nach Prag, wo sie ein Jahr im Außenministerium arbeitete.
Weil eine Tante nach England emigrierte, entzog ihr die Regierung den Arbeitsplatz. Sie fand zunächst in einer Druckerei Arbeit, dann als Redakteurin eines Buchverlages, bis sie in den 1980er-Jahren zwangsweise pensioniert wurde, weil ihr Sohn von einer Reise nach England nicht zurück kam.
Ihr Bruder, Gründer der "Theresienstädter Initiative", starb vor einigen Jahren. Doris Grozdanovičová ist bis heute Redakteurin der Zeitung der "Theresienstädter Initiative", arbeitet als Übersetzerin (deutsch, englisch) und führt regelmäßig Zeitzeugengespräche.
Das Alternative Jugendzentrum Dessau lernte Doris Grozdanovičová während einer Jugendbildungsfahrt im Oktober 2004 in der Gedenkstätte Terezin (Theresienstadt) kennen. Seither war sie mehrfach in Dessau zu Gast und führte mit zahlreichen Gruppen in Sachsen-Anhalt Zeitzeugengespräche.
2006 veröffentliche das Jugendzentrum die Dokumentation "Theresienstadt - Wartesaal des Todes", in der neben Doris Grozdanovičová, Max Mannheimer, Trude Simonsohn, Coco Schumann und Maria König Zeugnis ablegen.